Menschen zeigen, was sie für gewöhnlich nicht sehen
Zurzeit ist in der WAG Assistenzgenossenschaft eine Ausstellung der jungen Künstlerin Nastija Fijolič zu sehen. Sie erzählt in diesem Interview über sich, ihren Zugang zur Fotografie und Persönliche Assistenz in Slowenien.
Die Fotografie und ich
Wie sind Sie zur Fotografie gekommen?
Eine Freundin von mir hat gerne fotografiert. Dann haben mir meine Eltern zum 14. Geburtstag eine Kamera geschenkt. Damals habe ich zu fotografieren begonnen. Dann habe ich eine Schule für Medien besucht. Seither fotografiere ich alles. Meist Menschen aber auch Natur.
Sie sind Rollstuhlfahrerin. Besteht eine Verbindung zwischen ihrer Behinderung und ihrer fotografischen Arbeit?
Ja sicher. Ich versuche den Menschen verschiedene Dinge durch Fotografie zu erklären. Zum Beispiel beschäftigt sich meine Ausstellung mit verschiedenen Menschen, die nicht den medialen Idealen entsprechen. Ich stelle die Frage: „Was ist perfekt?“ „Welche Art von Person solltest du sein?“ „Wie sollst du aussehen, um schön zu sein?“. Ich denke Schönheit hängt vom Blickwinkel aus dem man jemanden oder etwas betrachtet ab. Ich habe 14 Personen mit unterschiedlichen Behinderungen oder Menschen die zu dick, zu dünn oder zu groß sind fotografiert. Manche der Modelle sind schön, so wie es dem derzeitigen Ideal entspricht. So kann ich Schritt für Schritt zeigen, dass Schönheit nicht das ist, was wir denken und dass jede Person etwas zu bieten hat.
Model sein ist manchmal schwer
Wie haben Sie ihre Models gefunden und wie haben die Models auf ihre Fotos reagiert?
Sie sind alle Freunde von mir. Einige sagten sie wollten nicht fotografiert werden und lehnten ab. Die meisten aber sagten zu.
Manche Models waren schüchtern. Andere nicht. Ich selbst dachte für mich sind das nur Fotos. Aber als ich mich dann für die Kamera auszog, da dachte ich Oh mein Gott. Aber dann wusste ich: Es ist ja nur ein Foto.
Was denken die Models über die Fotos?
ich denke alle finden die Fotos großartig. Wenn Models ein Problem mit den Fotos haben, dann deshalb, weil es oft darum geht, was andere über die Fotos denken.
Persönliche Assistenz in Slowenien
Wie leben Menschen mit Persönlicher Assistenz in Slowenien?
In Slowenien gibt es eigentlich keine Persönliche Assistenz. Im Studentenheim gibt es ein paar Personen, die studierende mit Behinderung unterstützen. Diese Personen sind aber für alle behinderten Studierenden zuständig. Wenn das Studium beendet ist, ist auch die Assistenz vorbei. Die so genannten „Assistent:innen“ haben Dienste und wechseln sich ab. Wenn viele Rollstulfahrer:innen in einem Heim wohnen, wird es schwierig. Ich hoffe, dass sich die Situation in Zukunft verbessern wird.
Ein Blick in die Zukunft
Was möchten sie mit ihrer Fotografie erreichen?
Heute ist es schwierig Fotografin zu sein, da sich jeder eine Kamera kaufen und fotografieren kann. Ich möchte den Menschen mit meinen Fotos zeigen, was sie selbst für gewöhnlich nicht sehen.
Zur Person
Nastija Fijolič, geboren am 18. November 1994, lebt in Ljubljana (Slowenien), wo sie auch Fotographie studiert. Die Rollstuhlfahrerin hat die 25 Bilder der Ausstellung mit Unterstützung ihrer Assistentin Amadeja Smrekar aufgenommen. Die Bilder wurden bereits in Ljubljana gezeigt.